Ein deutsches Leben - Goebbels' Sekretärin
Brunhilde Pomsel erlebte den zweiten Weltkrieg ganz nah dem nationalsozialistischen Machtzentrum: von 1942 bis 1945 war sie Sekretärin von Propagandaminister Joseph Goebbels. Im filmischen Interview spricht die 103-jährige über ihre Erinnerungen und Erfahrungen, von der Kindheit, der Machtergreifung der Nazis bis hin zum Untergang, welchen sie im Führerbunker miterlebte.
Wie hätte ich selbst gehandelt, damals? Diese Frage schwebt über dem Film. „Man konnte nicht wagen, in irgendeiner Hinsicht, dagegen zu sein. Das war nicht möglich. Oder man musste sein Leben dafür einsetzen“, sagt Brunhilde Pomsel. Für sich selbst findet sie klare Worte: „Ich gehöre zu den Feigen.“ Mit den Erinnerungen dieser besonderen wie doch so gewöhnlichen Zeitzeugin, wollen die vier Regisseure - Christian Krönes, Olaf S. Müller, Roland Schrotthofer und Florian Weigensame - die Geschichte der Mitläufer und stillen Profiteure der Nazi-Diktatur erzählen. Derjenigen, die auf ihr eigenes Schicksal bedacht waren und vor dem Rest die Augen verschlossen. Kurz: die Geschichte der gewöhnlichen Deutschen.
Als schuldig betrachte sich Brunhilde Pomsel nicht. Nur ein schlechtes Gewissen habe sie manchmal, wie so viele nur an sich und ihr eigenes Schicksal gedacht zu haben. Doch wer habe sein Schicksal schon in der Hand, fragt sie, stets prekär balancierend auf dem schmalen Pfad zwischen einer ehrlichen Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit und der Schuldverweigerung. Immer wieder erzählt sie von ihrer guten Freundin Eva – ihrer jüdischen Freundin Eva. Diese witzige, schlagfertige Eva, die dabei war, als Brunhilde der NSDAP beitrat und mit der sie noch Kontakt hielt, als sie schon längt im Propagandaministerium arbeitete. Eva Löwenthal wurde am 8. November 1943 nach Ausschwitz-Birkenau deportiert. Dort wurde sie 1945 ermordet. „Das Böse gibt es,“ sagt Brunhilde Pomsel und sucht nach Worten. „Es gibt aber keine Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit gibt es nicht.“
Brunhilde Pomsel
Brunhilde Pomsel wird am 11. Januar 1911 in Berlin als Tochter eines Malers und Dekorateurs geboren. Nach einer Lehre im jüdischen Konfektionshaus Gläsinger & Co und der Arbeit als Stenotypistin beim jüdischen Versicherungsmakler Hugo Goldberg beginnt sie, die Kriegserinnerungen des nationalsozialistischen Schriftsteller Wulf Bley aus dem Ersten Weltkrieg abzutippen. Nach der Machtergreifung der Nazis wird Brunhilde Pomsel mit Unterstützung Bleys Sekretärin im Rundfunk. 1942 nimmt sie die Stelle als Sekretärin im Ministerbüro von Joseph Goebbels an. Zusammen mit dessen Familie verbringt sie die letzten Kriegstage im Führerbunker, wo sie nach den Suiziden von Hitler und Goebbels und der Kapitulation Deutschlands durch sowjetische Truppen gefangen genommen wurde. Von 1945 bis 1950 war Brunhilde Pomsel in verschiedenen sowjetischen Lagern inhaftiert. 1950 wurde sie als Sekretärin beim Südwestfunk SWF eingestellt und arbeitete später als Chefsekretärin des ersten ARD-Koordinators Lothar Hartmann in München. 1971 ging Brunhilde mit 60 Jahren in den Ruhestand. Sie starb am 27. Januar 2017 in einem Altersheim in München im Alter von 106 Jahren.
Daten und Fakten
Produktionsland | Österreich |
Produktionsjahr | 2016 |
Regie | Christian Krönes, Olaf S. Müller, Roland Schrotthofer, Florian Weigensamer |
Originaltitel | Ein deutsches Leben |
Laufzeit | 108 Minuten |